Im letzten Beitrag der Serie „Bilingual Kids“ nahmen 3 multikulturelle Familien teil, die uns ihre Tipps und Tricks in der bilingualen Erziehung erzählten. In einer der Familien lernen die Kinder sogar drei Sprachen.

Heute widme ich den Beitrag dem folgenden Thema: wie kann man Kinder unterstützen, die zu Hause in ihrer Familie eine andere Sprache sprechen als in ihrem externen Umfeld, wie z. B. Schule oder Kindergarten? Wie schaffen es andere Familien?

Niederländisch – Englisch – Deutsch

Simone, die nette Holländerin, kam 2006 nach München für ein englischsprachiges Praktikum und erst durch ihre Arbeit lernte sie Deutsch. Hier lernte sie ihren englischen Mann kennen. Von Anfang an unterhielten sich beide in Englisch. Simone entschied sich mit den beiden Töchtern (jetzt 5,5 und 2 Jahre alt) ausschließlich Niederländisch zu kommunizieren, weil ihr Deutsch nicht gut genug war. Außerdem fühlte sie sich in ihrer Muttersprache am wohlsten, in der sie alle Kinderlieder und –Reime kennt. Englisch ist ihre Familiensprache geblieben ist (mit ihrem Mann spricht sie ausschließlich Englisch), mit dem Papa sprechen die Kinder ausschließlich Englisch. Deutsch wird nur dann gesprochen, wenn die Familie Besuch bekommt oder wenn die Töchter „draußen“ sind (Tagesmutter, Kindergarten, Arbeit, Einkaufen, mit Freunden).

Simones Töchter

Für Simone stellt die Bilingualität keine große Herausforderung dar. „Man muss sehr konsequent sein, vor allem am Anfang“ – betont die Holländerin. „Unser Umfeld reagiert sehr positiv und auch Unbekannte, die es mitbekommen, sagen immer wieder, wie wertvoll es ist, wenn Kinder so früh schon mehrere Sprachen lernen“. Siëlle vermutet aber, dass das teilweise dadurch kommt, dass es sich bei ihrer Familie um „populäre“ Sprachen handelt. Vielleicht hängt Siëlles Selbstbewusstsein davon ab, dass sie sich schon Gedanken zur Bilingualität in ihrer Schwangerschaft machte. Sie lass z. B. Bücher über Mehrsprachigkeit & mehrsprachige Erziehung, redete mit anderen Familien, um die Erfahrungen und Meinungen von ihnen zu hören und vereinbarte einen Termin bei der Beratungsstelle Mehrsprachigkeit von der LMU.

Die Kinder wachsen dreisprachig auf. Deutsch lernen sie hauptsächlich im Kindergarten, Englisch vom Papa, Niederländisch von der Mama. Sie können alle drei Sprachen bereits sehr gut unterscheiden und wissen, mit wem sie in welcher Sprache kommunizieren müssen.

Polnisch – Spanisch – Deutsch

Katarzyna aus Polen lernte ich bei einer polnischen Spielgruppe kennen. Sie wollte, dass ihre damals 1-jährige Tochter Anessa mehr Kontakt mit ihrer Muttersprache hat. Katarzynas Mann kommt aus Argentinien und spricht mit Anessa ausschließlich Spanisch. Deutsch kennt die Kleine nur vom Kindergarten und vom Spielplatz.

Anessa mit Mama und Papa

Anessas Sprachwahrnehmung änderte sich als sie in den Kindergarten ging. Seitdem ist Deutsch ihre stärkste Sprache und sie antwortet beiden Eltern auf Deutsch, obwohl Katarzyna und ihr Mann mit ihr konsequent in deren jeweiliger Muttersprache sprechen. Anessa redet sogar ungern mit den Verwandten aus Polen. Katarzyna hofft, dass es sich mit der Zeit verbessert. Damit es klappt, ermöglicht sie der Tochter den Kontakt zu Gleichaltrigen, die auch Polnisch oder Spanisch sprechen und den Kontakt zur Familie im Heimatland. Außerdem liest sie ihrer Tochter auf Polnisch vor, singt mit ihr polnische Lieder und erlaubt ihr Kindervideos auf Polnisch anzuschauen.

Spanisch – Armenisch – Deutsch

Die spanische Mutter, die ich interviewt habe, möchte anonym bleiben. Sie hat zwei Kinder: einen Jungen, der 9 Jahre und ein Mädchen, das 7 Jahre alt ist. Mit ihnen spricht sie ausschließlich Spanisch. Der Papa spricht mit den Kindern nur Armenisch. In der Schule sprechen sie selbstverständlich Deutsch. Die Eltern kommunizieren unter einander in allen drei Sprachen, je nach Ort und Situation.

In der Familie ist die Dreisprachigkeit gelungen, auch wenn es oft mit Aufwand verbunden war. Die Spanierin beobachtete andere mehrsprachige Familie und stellte fest, dass die Bilingualität nicht klappte, wenn die wichtigsten Regeln nicht konsequent befolgt wurden. „Einer der häufigsten Fehler ist, nicht die Muttersprache zu sprechen, wenn andere dabei sind. In Situationen, in denen andere dabei sind, aber nicht in das Gespräch involviert sind, darf man nicht aus ‚falscher Verlegenheit‘ Deutsch sprechen, wie z.B. im Kindergarten oder auf dem Spielplatz“. Die Spanierin empfiehlt „mit dem Kind die Muttersprache zu sprechen und wenn man es für nötig hält, anderen auf Deutsch zu erklären, was man gerade gesagt hat bzw. worüber man diskutiert hat. So hat man mit seinem Kind in der “richtigen” Sprache gesprochen, und die anderen informiert/einbezogen“.

Sie merkte, dass man oft über die Sprache ins Gespräch kommt. „Sehr häufig fragen die anderen Kinder, welche Sprache sprecht ihr?‘ Das hilft den Kindern zu erleben, dass Mehrsprachigkeit Interesse weckt und es was besonderes und vor allem positives ist“.

Die Spanierin merkt selbst die Probleme, die bei der Familie von Polin Katarzyna auftreten. „Um die Sprachen gleichzeitig gut zu lernen brauchen die Kinder täglich jeweils dieselbe Menge Input pro Sprache. Damit ist die Zeit gemeint, in der sie tatsächlich in der jeweiligen Sprache kommunizieren. Wenn die „Fremdbetreuung“ der Kinder beginnt (Tagesmutter, Kindergarten, Schule), ist es schwierig diese Menge Input pro Sprache des jeweiligen Elternteils zu gewährleisten“.

Den Familien, die etwas Orientierung brauchen, rät sie die Regeln in der einschlägigen Literatur (z. B. Elke Montanari) konsequent zu befolgen. Sie selbst lass viele Bücher zum Thema Bilingualität und nahm an Vorträgen teil.

Liebe Simone, liebe Katarzyna, liebe spanische Mama, vielen herzlichen Dank für Eure Tipps und Anregungen! Schön, dass Ihr mitgemacht habt!

Hartelijk dank, thank you very much, dziękuję bardzo, muchas gracias, շատ շնորհակալ եմ und danke schön!

Hast Du auch eine mehrsprachige Familie? Möchtest Du Deine Erfahrung mit uns teilen? Dann schreib mir bitte eine Nachricht an: frommunichwithlove@gmail.com.