Jessica ist Lehrerin für die Fächer Deutsch und Geschichte am Gymnasium und im Rahmen der Holocaust Education arbeitet sie in der Gedenkstätte Dachau. Zusätzlich hat sie ihre Firma gegründet, mit der sie süße Kinderkleider und -Accessoire entwirft, herstellt, näht und bestickt.
Wie findet sie neben zwei kleinen Jungs, der dritten Schwangerschaft und dem Familienleben Zeit für alle diesen Aktivitäten? Das verrät sie uns in diesem Interview.
Vielen Dank Jessica für Deine ausführlichen Antworten!
Stell Dich und Dein Business kurz vor.
Mein Name ist Jessica Markwardt, ich bin 31 Jahre alt, verheiratet und lebe seit einigen Monaten in Alling, einem hübschen kleinen Ort im Münchener Westen. Mein Mann Daniel und ich haben uns dieses Jahr dafür entschieden, aus dem schönen München Großhadern raus ins traumhafte Münchener Umland zu ziehen, um uns räumlich zu vergrößern und unseren beiden Jungs Linus und Jonathan eigene Zimmer und einen schönen Garten bieten zu können… und sie mit einem Geschwisterchen zu überraschen, das sich für Januar 2016 angekündigt hat!
Meine Jungs sind 3 und 1 ½ Jahre alt und bereits eine wilde Räuberbande…. Und mit ihnen entstand auch mein kleines Unternehmen RäuberZwirn, in dem ich Kindermode entwerfe und selbst herstelle, nähe und besticke. Momentan handelt es sich hauptsächlich um Schnitte, die von Mädchen und Jungen getragen werden können, wobei die Kleidung von meinen Jungs aufs härteste getestet wird…
Zusätzlich versuche ich alle Ideen, die Kunden individuell anfragen, für diese umzusetzen. So habe ich schon manchen verrückten und kreativen Auftrag erhalten, aus der Lieblingsjeans des stolzen Patenonkels kleine Lenkradtäschchen für die Nichten und Neffen genäht, Halstücher für Kuscheltiere aller Größen im Partnerlook zum Kind entworfen oder Steckenpferde individuell als Geburtsgeschenk passend zum Beruf der Eltern mit Weinreben für ein Winzerpaar oder in den Logo-Farben des ehemaligen Arbeitgebers bestickt…
Was hast Du vor der Kinderära beruflich gemacht?
Ich bin Lehrerin für die Fächer Deutsch und Geschichte am Gymnasium und arbeite innerhalb dieses Berufsfeldes nebenberuflich in der Gedenkstätte Dachau im Rahmen der Holocaust Education.
Wie hat die Mutterschaft Deine berufliche Situation verändert?
Mein Beruf als Lehrerin hat mir sehr viel Spaß gemacht, es ist ein toller Job, den ich niemals missen will. Doch dann kam sehr schnell nach Beendigung meines Referendariats Linus im Sommer 2012 auf die Welt und da ich den Wunsch hatte, länger als ein Jahr bei ihm zu Hause zu bleiben und sich ja bereits vor seinem ersten Geburtstag unser kleiner Jonathan ankündigte, begann ich Ende 2013 darüber nachzudenken, was ich zumindest nebenbei für einige Stunde machen könnte. Im Lehrerjob vor allem mit dem Fach Deutsch am Gymnasium ist es erstmal ungeahnt schwierig, eine passende Nebentätigkeit mit so kleinen Kindern zu finden, zumal ich mit der zweiten Schwangerschaft nicht einmal für ein ganzes Schuljahr zur Verfügung gestanden hätte. Eine Nachhilfetätigkeit kam für mich auf gar keinen Fall mehr in Frage, darin hatte ich bereits während meiner Schulzeit und vor allem während meines Studiums gejobbt und es hätte sich zu sehr nach Rückschritt angefühlt, das wollte ich auf keinen Fall! Also machte ich eine zusätzliche Ausbildung in der Gedenkstätte Dachau und übe diese Tätigkeit bis heute immer wieder flexibel aus…
Wie bist Du auf die Businessidee gekommen?
Parallel dazu begann ich in meiner Elternzeit mit Linus einfache Projekte für ihn zu nähen und fand schnell Gefallen daran! Er ist ein sehr braves Kind, ein guter Esser und noch besserer Schläfer und das war er bereits von Anfang an. So konnte ich ungeahnt oft meinem neuen Hobby frönen, ließ mir von einer lieben Freundin bei einem schwierigeren Taufkleid für Linus helfen, leckte dabei Blut und belegte danach verschiedenste Nähkurse. Ich nähte immer mehr auch für die Kinder von Freunden und Verwanden, probierte eigene Schnitte aus und überlegte mir lustige Designs und Stoffkombinationen. Vor allem für meine Jungs entwarf ich, was ich im Laden nicht finden konnte, legte mir zur Erweiterung eine Stickmaschine zu und plötzlich war RäuberZwirn geboren. Den letzten Anstoß zur offiziellen Anmeldung und nebengewerblichen Tätigkeit gab ein kleiner sehr hübscher Koffermarkt im süßen „Murmelwald“, auf dem ich meine Sachen erstmalig verkaufen wollte…
Bist du mit Deiner jetzigen Familien- und Berufssituation zufrieden?
Momentan könnte ich kaum glücklicher sein. Ich erwarte unser drittes Kind und bin gerade in der fitten Phase des zweiten Trimesters, in dem es mir immer besonders gut geht. Mein Großer Linus ist im September in den Kindergarten gekommen und ich habe nun nochmal ein paar Monate mit meinem kleinen Jonathan daheim, bevor der dann auch ein großer Bruder wird…
RäuberZwirn verkauft mittlerweile erfolgreich auf DaWanda, auf verschiedenen Koffermärkten und in Familientreffs, ist in kleineren Läden vertreten und wirbt natürlich im sozialen Netz wie facebook.
Nach etwas Organisationsaufwand am Anfang kann ich es super in meinen Alltag integrieren, es gibt mir einen Ausgleich und auch wenn die ganze Tätigkeit und Entstehung unmittelbar mit meinen Kindern zusammenhängt, das Gefühl, eine Sache für mich allein zu haben.
Wie sieht Dein Alltag aus?
Für zwei kleine Kinder stehe ich um eine recht humane Zeit zwischen 7 und halb 9 auf und verbringe meine Vormittage mit den Jungs, sei es in Spiel- oder Musikgruppen, Ausflügen und Unternehmungen oder auch „nur“ daheim mit Basteln, Lesen und Spielen. Jonathan ist ein richtiger Schlafbär und braucht nach einem frühen Mittagessen gegen 12/ halb 1 einen Mittagsschlaf, der sich meist noch bis 15 Uhr erstreckt und mir die Zeit gibt, schon etwas an Arbeit vorzubereiten. Linus schläft mittags nicht mehr, aber meistens kann ich eine gute Stunde arbeiten, bevor ihm das Alleinspielen zu langweilig wird und er hoch in unser Dachstudio kommt, in dem ich meinen „Nähpalast“ habe…
Oft „hilft“ er mir eine weitere Stunde und sortiert glücklich Stoffe und Garne, drückt erlaubter und unerlaubter Weise auf Knöpfe und versucht irgendwann auch immer, seine eigenen Kreationen umzusetzen, was meist zur Beendigung meiner Arbeit am Mittag führt, da genau diese Umsetzung nicht ganz so funktioniert, wie er sich das vorstellt und Mama schnell für Ablenkung sorgen muss, bevor der Trotz aus ihm herausbricht… So manch hübsche Idee ist allerdings auch durch seine Versuche erst entstanden!
Je nachdem, was wir vormittags unternommen haben, wird unser Nachmittagsprogramm gewählt und neben Kinderturnen und Schwimmkursen werden oft Freunde und Verwandte besucht, bis dann je nach Schicht im Krankenhaus auch endlich der Papa nach Hause kommt und ich erstmal abgemeldet bin… und das natürlich genieße! Um 19 Uhr geht’s für die Jungs ins Bett und dann arbeite ich einige Abende die Woche Aufträge ab oder überlege mir neue Schnitte, Kombinationsmöglichkeiten etc….
Gibt es ein Erfolgsrezept? Hast Du Tipps für Mamis, die sich überlegen, selbständig zu werden?
Es sollte immer Spaß machen, nicht in negativen Stress ausarten und einem selbst ein durchweg gutes Gefühl bereiten!
Gerade wenn es um handmade Produkte geht, die man vorher hauptsächlich für die eigenen Kinder hergestellt hat, sollte auch das seinen Platz behalten! Wenn ich lange nichts mehr für meine eigenen Kinder genäht habe, merke ich richtig, wie es Zeit wird, auch mal wieder ein Teil selbst zu behalten, es an meinen Jungs zu sehen und Gefallen daran zu finden… das gibt das nötige Selbstbewusstsein, testet die Gebrauchsfähigkeit der Sachen und wer würde besser für das eigene Label Werbung laufen?
Was sind Deine berufliche Pläne?
Ich möchte RäuberZwirn natürlich weiterführen, etwas weiter ausbauen und etablieren. Gleichzeitig soll es aber ein One-Woman-Unternehmen bleiben, das auf kleine Mengen und individuelle Bestellungen ausgerichtet bleiben wird!
Nach abgeschlossener Familienplanung geht es auch wieder in meinen alten Beruf zurück, da bin ich mir sicher. Zum jetzigen Zeitpunkt wünsche ich mir aber sehr, dass RäuberZwirn dadurch nicht einschläft, sondern sich als Nebentätigkeit weiterführen lässt und sich immer weiterentwickelt… das Label soll mit meinen Kindern wachsen, sich immer wieder unseren neuen Ansprüchen anpassen und uns ein Leben lang begleiten… vorzugsweise bis zu den Enkelkindern, das würde ich mir gefallen!
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