Ich habe es nie groß geplant, ins Ausland zu emigrieren. Ich war schon immer offen und habe sehr gerne Fremdsprachen gelernt, hatte aber nie geplant, dass ich mein Zuhause außerhalb von Polen finden würde. Kurzer Auslandsaufenthalt – ja, aber für immer auswandern? Damit hatte ich nicht gerechnet.

Das Leben hatte für mich ein überraschendes Szenario geschrieben: ich verliebte mich in einen Deutschen und wir planten unsere Zukunft gemeinsam! Mein Mann spricht kein Polnisch und verdient einfach besser als ich, deswegen war die Entscheidung ziemlich klar: wir bleiben in Deutschland und werden hier unser neues Zuhause aufbauen.

Was hieß es für mich? Alle Sachen packen und einen großen Umzug von Warschau nach München planen. Auf seelischer Ebene hieß es: nach vorne schauen und das Beste, was bis jetzt in meinem Leben passiert ist, mitnehmen. Die schönsten Erinnerungen, die glückliche Kindheit, die Liebe zur polnischen Sprache und zu meinen Landsleuten. Gute-Nacht-Lieder, die mir gesungen wurden, Lieblingsbücher, die ich vorgelesen bekam und lustige Figuren und wichtige Helden, die meine Kindheit erfüllten. Den Geruch der Ostsee beim Sonnenuntergang, die Ansicht der Segelboote im Hafen von Mikolajki in Masuren und das Krakauer Trompetensignal vom Turm der Marienkirche. Den Geschmack der Sauergurken, die meine Mama immer im Sommer einlegt und das Aroma der in der Sonne ausgereiften Tomaten vom Wochenmarkt eines kleinen Dorfes in der Region Masovien, wo ich immer meine Sommerferien verbrachte. Auf menschlicher, alltäglicher und emotioneller Ebene bedeutet es für mich Kultur. Die Brücke zu meiner Heimat…

Auswanderer Mama Polen

Kann man all das umsetzten und seinen eigenen Kinder weitergeben, auch wenn man im Ausland wohnt? Wie kann es funktionieren?

Meiner Meinung nach nur mit Liebe zur Kultur und mit Liebe zur Sprache. Indem man den Kindern die Vorbilder zeigt und positive Beispiele gibt. Die wichtigsten Rituale mit ihnen erlebt und über Besonderheiten spricht. Mein Ziel ist es, dass meine Kinder mich und meine Wurzeln besser verstehen und sie für sich und ihre eigene Identität umsetzen können. Damit sie sich in Zukunft nicht entscheiden müssen, ob sie Polen oder Deutsche sind, weil sie einfach aus beiden Quellen schöpfen können. Damit ihr Leben dadurch bereichert und flexibler wird. Die Bilingualität im Alltag ist der erste Schritt in diese Richtung!

Nächste Woche werde ich die ersten Interviews der Serie „Bilingual Kids“ vorstellen. Drei multikulturelle Familien werden von ihrem Umgang mit Bilingualität und den Problemen erzählen, die sie in ihrem Alltag erleben. Schaut vorbei! 🙂

Der Beitrag ist im Rahmen der Blogparade „Kultur ist für mich…“ vom Blog von Tanja Praske entstanden. #kultdef