Nach einem international ausgelegten BWL-Studium bin ich bei einem Konzern für Fast Moving Consumer Goods im Marketing eingestiegen und habe die klassische Karriere im Produktmanagement durchgezogen inklusive eines zweijährigen Einsatzes in der Europazentrale in Genf. Mit dem ersten Kind folgte der Wechsel in den Vertrieb, weil es dort etwas weniger arbeitsintensiv und kompetitiv zuging. Das Arbeiten hat mir Spaß gemacht. Neben den inhaltlichen Themen waren für mich besonders das Miteinander im Team und die Entwicklung meiner Mitarbeiter Dinge, die mir Freude gemacht haben. Ich wurde außerdem als interne Kommunikations-Trainerin eingesetzt und konnte dabei einige meiner Lieblings-Beschäftigungen einbringen, die ich auch versuche mit der Selbständigkeit zu verbinden: Lesen/Informieren, Kommunizieren und Wissen vermitteln.
Die Vereinbarung so eines Konzern-Jobs mit der Familienarbeit war schwierig. Ich hatte Glück, dass ich für beide Kinder einen Platz in einer tollen Krippe und später im Kindergarten hatte. Aber natürlich war ich an die Betreuungszeiten gebunden und wollte Zeit mit meinen Kindern verbringen. Dafür gab es nicht genug Flexibilität. Ich bin regelmäßig aus Meetings früher raus, die für mich zu spät angesetzt waren, und wurde dann gerne bei wichtigen Entscheidungen übergangen. Wenn die Kinder krank waren, stapelte sich die Arbeit im Büro, und ich musste Nachtschichten einlegen um das wieder rein zu holen. Als mein Arbeitgeber dann noch umzog, und ich lange Pendelzeiten hatte, war klar, dass die Kombination für mich nicht funktioniert.
Als sich abzeichnete, dass ich die Situation grundlegend verändern muss, habe ich erst einmal sechs Monate Elternzeit genommen, die ich von meinem Sohn noch aufgehoben hatte. In dieser Zeit wollte ich mir klar werden, was ich zukünftig machen will. Da ich nicht nur den Haushalt machen, sondern auch meinen Kopf sinnvoll beschäftigen wollte während die Kinder vormittags in Schule und Kindergarten waren, habe ich einen Blogger-Lehrgang belegt und viel gelesen zu Themen wie Stressmanagement, Achtsamkeit und schnelle, gesunde Küche, die vermutlich viele berufstätige Mütter beschäftigen. Ich wollte einen Blog dazu aufbauen und vielleicht anderen in der gleichen Situation ein paar Tipps geben können. Es hat sich dann ganz schnell ergeben, dass ich mir überlegt habe, wie sich stark eingespannt Frauen zwischendurch etwas Gutes tun können. Das scheint mir ein großes Thema zu sein: So viele Frauen denken immer an andere zuerst (Familie, Partner, Freunde). Ich möchte, dass sie einmal an sich denken, sich eine Kleinigkeit gönnen, und sich ihr Leben schöner machen.
So habe ich letztlich statt eines Blogs angefangen einen Online Shop aufzubauen, der schönen „Mädchenkram“ anbietet. Der Mindestbestellwert liegt bei 15€ und das teuerste Produkt im Moment bei 80€. Ich versuche besondere Produkte von kleinen Herstellern anzubieten, die die Frauen in ihrem Alltag aus Zeitgründen normalerweise nicht aufspüren, und die sie sich zwischendurch einfach einmal gönnen. Natürlich lassen sich die schönen Dinge auch sehr gut an die beste Freundin, Mutter, Schwester oder Kollegin verschenken. Am Blog arbeite ich seit Mai auch. Das nimmt noch sehr viel Zeit in Anspruch. Wenn ich mehr Routine habe, möchte ich gerne wöchentlich Artikel veröffentlichen, wie es der ursprüngliche Plan war.
Ich bin gerade sehr zufrieden und bei mir angekommen. Mein alter Job hat mir auch viel Spaß gemacht, doch jetzt erfülle ich mir einen Traum. Ich entscheide selbst über mein Konzept, meinen Shop-Auftritt, mein Sortiment, meine Geschäftspartner und stehe zu 100% hinter allem was ich tue. Natürlich arbeite ich als Selbständige nicht weniger als vorher, aber ich bin in meiner Zeiteinteilung sehr viel freier und kann meine Kinder zu ihren Nachmittagsaktivitäten begleiten und mir bei Bedarf auch einmal Ruhezeiten gönnen. Jetzt sind auch spontane Unternehmungen möglich, für die vorher die Flexibilität völlig gefehlt hat. Früher habe ich oft mit der Fremdbestimmung gehadert, die sowohl durch das Angestelltenverhältnis als auch die festen Zeiten der Kinder (Schule, Hobbies) meinen Alltag ausgemacht hat. Durch die Selbständigkeit gestalte ich wieder mehr und fühle mich nicht mehr getrieben.
Mein Mann ist unter der Woche unterwegs, und ich bin für die Kinderbetreuung allein zuständig. Glücklicherweise fängt die Grundschule meiner Kinder erst um 9 Uhr an. Dadurch können wir morgens relativ entspannt in den Tag starten. Mein Büro liegt in unmittelbarer Nähe zur Schule und ich fange zwischen 9 Uhr und 9:15 Uhr an. Bis nachmittags packe ich Pakete, recherchiere neue Produkte, kümmere mich um die Warenwirtschaft, bediene meine Social Media Kanäle und versuche meinen
Blog zu füllen. Regelmäßig treffe ich mich mit (potentiellen) Lieferanten, durchforste interessante kleine Geschäfte und gehe auf Messen. Einmal die Woche versuche ich mich auch mit anderen Selbständigen zum Austausch zu treffen. Zwei Tage in der Woche widme ich hauptsächlich meinem Shop und hole die Kinder um 17 Uhr von der Betreuung ab. An den anderen Tagen arbeite ich bis kurz vor 15 Uhr und kümmere mich dann um die Kinder. Messen und Fortbildungen sind natürlich auch oft am Wochenende. Dann übernimmt mein Mann die Kids. Ich verbringe auch gelegentlich Samstag-Vormittage im Büro und arbeite abends noch einmal von zu Hause aus, wenn die Kinder nach dem Essen zusammen spielen. Dadurch, dass sich Beruf und Familie jetzt über den Tag und über die Woche verteilt stärker abwechseln, genieße ich beides mehr.
Für mich hat es super funktioniert über meine Idee mit vielen verschiedenen Menschen zu sprechen! Ich habe viel Zuspruch bekommen, Ideen und auch Kontakte zu Lieferanten. Du darfst keine Angst haben, dass sich jemand lustig macht, wenn du deine Pläne vielleicht änderst. Je offener du mit deiner Idee umgehst, desto mehr wirst du dir selbst klar, was du willst, und desto mehr Unterstützung bekommst du! Es ist auch wichtig, dass dein Partner, wenn du einen hast, hinter dir steht oder andere Menschen, die für dich eine große Rolle in deinem Leben spielen. Beziehe sie ein. Ohne die Ermunterung derjenigen, die dir am Herzen liegen, ist so ein großer Schritt viel schwieriger.
Netzwerken ist für mich auch unglaublich wichtig. Ich bin in verschiedenen Frauen-Netzwerken, über die ich andere (selbständige) Mütter kennengelernt habe. Wir unterstützen uns gegenseitig und lernen voneinander. Das Leben als Selbständige kann sonst streckenweise einsam sein, vor allem, wenn man vorher gerne im Team gearbeitet hat. Und zuletzt: Einfach machen! Ich habe selbst einen Hang zum Perfektionismus und würde am liebsten alles bis ins Letzte durchdenken, bevor ich loslege. In der Selbständigkeit habe ich gelernt, vieles einfach in Angriff zu nehmen, und die Herausforderungen zu nehmen wie sie kommen. Jede von uns macht auf dem Weg Lernerfahrungen. Das gehört dazu und ist nicht immer schlecht; oft bringt es uns besonders voran.
Ich habe noch viele Ideen für meinen Shop! Er ist noch nicht einmal drei Monate online. Es gibt einige Produktkategorien, die ich noch aufnehmen möchte. Das Recherchieren dauert allerdings, weil ich die Produkte und deren Hersteller sehr genau unter die Lupe nehme. Es muss alles für mich stimmig sein, bevor ein Produkt in den Shop wandert. Im Moment biete ich knapp 100 Artikel an. In den kommenden 18 Monaten möchte ich auf ca. 250 Artikel anwachsen. Danach werden Produkte regelmäßig ausgetauscht, damit meine Kundinnen immer wieder neue Entdeckungen machen können. Das bleibt ein Prozess. Im Bereich Social Media bilde ich mich laufend fort, um hier noch mehr zu machen. Ich freue mich über jede Frau, die mir bei Facebook oder Instagram auf meinem Weg als Gründerin folgt. Und der Blog soll ja wie gesagt auch noch größer werden. Es gibt auch Ideen für Erweiterungen von Serendana in Richtung Services für Frauen. Aber das liegt noch in weiter Zukunft. Erst einmal muss der Shop wie er ist bekannt werden.
Herzlichen Dank an dich, dass du mich mit diesem Interview dabei unterstützt!
Kristina DolleGründerin von serendana
Tolles Interview! Da ich Kristina persönlich kenne, kann ich nur bestätigen, wie authentisch sie ist und was für einen tollen Online Shop sie ins Leben gerufen hat!
Liebe Kristina, vielen Dank für Deinen Kommentar. Ich finde, Kristina von serendana hat eine besondere Gabe, schöne Texte zu schreiben! Das ist ja nicht immer selbstverständlich! Und ich bin auch ganz Deiner Meinung – sie ist sehr authentisch, großzügig und ideenreich, so wie ihr Shop 🙂