Als ich den Blog von Anette vor ein paar Monaten entdeckte, war ich sofort hin und weg. Denn nicht nur ihre Tipps bezüglich der Fotografie, sondern auch ihre Art des Schreibens gefielen mir auf Anhieb! Deswegen war ich total begeistert, als sie meine Einladung zu meinem Bloggerevent im Kinderkusthaus zusagt und uns Münchner Bloggerinen dort viele wunderschöne Fotos gemacht hatte.

Für dieses Interview hat Anette ein paar Einzel-Familienfotos rausgesucht, die typisch für ihre Art zu fotografieren und nicht so “glatt” sind. Denn genau das möchte sie rüberbringen. Nicht die glattgebügelten “alle grinsen in die Kamera”-Fotos. Entdeckt noch mehrere Fotos von Anette auf ihrer Homepage!

Liebe Anette, vielen Dank für Deine sympatische und offene Art und für das inspirierende Interview!

Stell Dich und Dein Business kurz vor.

Ich habe ein Mädchen und einen Buben, geboren 2008 und 2011. Ich bin Fotografin, unter göttlicher fotografieren (nach meinem Geburtsnamen, Anette Göttlicher) biete ich Fotoreportagen an: Ich begleite Familien zu Hause oder bei Ausflügen, dokumentiere Hochzeiten und andere Events, fotografiere Neugeborene oder größere Kinder, aber auch Businessfrauen. Außerdem schreibe ich Romane und kürzere Texte, von der Short Story über das Advertorial bis zur Pressemitteilung.

geschwister

Was hast Du vor der Kinderära beruflich gemacht?

Ich war viele Jahre lang Onlineredakteurin bei großen Verlagen und habe nebenbei meine Romane geschrieben.

Wie hat die Mutterschaft Deine berufliche Situation verändert?

Verkürzt gesagt stand ich nach der Geburt meiner Tochter vor der Entscheidung: Trotz Kind im Verlag Vollzeit arbeiten oder gar nicht. Und Vollzeit im Verlag, das waren nicht 40, sondern 60 Stunden und viele Reisen. Eine Kinderbetreuung hat man mir angeboten, aber ich wollte das trotzdem nicht. Ich hatte „Karriere gemacht“, bevor ich Mutter wurde, aber mit der Mutterschaft hat sich meine Perspektive verändert, die Werte haben sich verschoben – mein Job war auf einmal nicht mehr das Wichtigste in meinem Leben. Eine Entwicklung, mit der ich selbst nicht gerechnet hatte.

Wie bist Du auf die Businessidee gekommen?

familieimparkDie Idee, die in meinem Businessplan von 2009 steht, war eine ganz andere. Hier ging es um Schreibcoaching für Privatleute und Firmen, um Schreibseminare und Workshops, die Fotografie habe ich nur am Rande als zweites Standbein erwähnt.

Im echten Leben kam es dann anders. Das Schreibcoaching funktionierte nicht so, wie ich mir das vorgestellt hatte, vor allem nicht im Bereich der Belletristik – weil man Talent nicht lernen und lehren kann. Die Fotografie lief dagegen von Anfang an wie von selbst. Und irgendwann zeigte mir Facebook eine Statusmeldung aus dem Jahr 2007 an, die ich selbst verfasst hatte: „In meinem nächsten Leben werde ich Fotografin. Mein Traumjob!“

Bist du mit Deiner jetzigen Familien- und Berufssituation zufrieden?

Meistens ja. Mein Foto-Business hat sich sehr gut entwickelt, ich habe mich spezialisieren können, die Kunden kommen ganz von selbst und ich bekomme fast nur noch Anfragen für Fotosessions, die genau zu mir passen. Mittlerweile gebe ich auch Workshops und veranstalte Fotoreisen, zum Beispiel dieses Jahr nach New York City. Verbesserungswürdig wäre die Flexibilität (des Arbeitgebers) meines Mannes, damit er sich noch mehr in die Kinderbetreuung einbringen könnte und ich mehr Freiheiten hätte, zum Beispiel, wenn ich beruflich länger als ein Wochenende unterwegs bin.

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First-Sight-Foto – die Geschwister haben sich hier zum allerersten Mal gesehen

Wie sieht Dein Alltag aus?

Ich bringe unter der Woche morgens meine Kinder auf den Weg zur Schule und in den Kindergarten, danach habe ich ca. zwei- bis dreimal pro Woche Fotosessions – Businessreportagen, Neugeborenenfotos und so weiter. An den anderen Tagen bearbeite ich von zu Hause aus meine Fotos, schreibe Blogartikel, mache meinen Bürokram, führe Vorgespräche oder setze meine eigenen Fotoprojekte um.

Manchmal nehme ich mir auch frei und begleite meine Kinder mit der Klasse oder Kindergartengruppe bei Ausflügen, oder ich arbeite ehrenamtlich (bei den Tapferen Knirpsen und bei Dein Sternenkind). Am Nachmittag hole ich meine Kinder ab und verbringe die Zeit bis 20 Uhr mit ihnen, dann setze ich mich meistens noch mal an den Rechner. Am Wochenende arbeite ich in der Saison von März bis November fast immer mindestens an einem Tag – Hochzeiten, Familiensessions und so weiter.

Mein neuer Roman, an dem ich momentan schreibe, wird deswegen nicht – wie früher – innerhalb eines halben Jahres druckfertig sein…

Gibt es ein Erfolgsrezept? Hast Du Tipps für Mamis, die sich überlegen, selbstständig zu werden?

Ganz wichtig ist, sich zu spezialisieren, und zwar auf das, was man am liebsten macht und dadurch gleichzeitig am besten kann.

Und dann: Nicht zu viel und zu lange planen, sondern einfach machen. Im Kleinen handhabe ich das immer noch so. Beispiel: Ich möchte Fotosessions anbieten, die zeigen, wie sich Geschwister nach der Geburt des zweiten oder dritten Kindes zum ersten Mal begegnen. Also suche ich mir Eltern, die zum zweiten oder dritten Mal Nachwuchs bekommen und biete ihnen diese Fotos kostenlos an, mit der Erlaubnis, die Bilder nutzen zu dürfen. Dann zeige ich die Bilder und erzähle davon – unter anderem im Blog. Und schon kommen die nächsten Anfragen für diese Art von Mini-Reportage. Ich mache also einfach das, was ich machen möchte. Es funktioniert!

Ein weiterer Tipp: Fehler sind gut, denn nur aus Fehlern lernt man. Wer nichts falsch macht, entwickelt sich auch nicht weiter, oder umgekehrt: Nur, wer auf der Stelle stehen bleibt, an der er sich befindet, macht nie Fehler. Es klingt abgedroschen, aber es ist so wahr: Fehler sind Chancen zum Erfolg.

Ob man sich selbständig machen möchte, hängt grundsätzlich vom Charakter ab: Bin ich ein Unternehmertyp? Habe ich Ideen, kann ich mich verkaufen, bin ich zumindest ein bisschen extrovertiert? Habe ich genügend Selbstdisziplin? Gerate ich nicht in Panik, wenn die erste Flaute kommt (und wie wird kommen), denke ich grundsätzlich positiv, bin ich mutig, bin ich ein Stehaufmännchen und ein Macherinnen-Typ? Ich denke, dass man das weiß, wenn man in sich hineinhorcht und ehrlich zu sich ist.

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Was sind Deine beruflichen Pläne?

Da meine Kinder langsam in ein Alter kommen, in dem sie keine 24-Stunden-Betreuung von mir persönlich mehr brauchen, möchte ich beruflich noch mehr reisen. Konkret: Fotoreisen veranstalten – geplante Ziele neben New York sind Santorin, Dublin, Cornwall, Süditalien und Mallorca -, die ein oder andere Destination Wedding (Hochzeit im Ausland an schönen Orten) fotografieren, eine Foto- und Workshoptour durch Deutschland machen. Ich möchte meinen achten Roman fertigstellen und mir endlich eine Leica kaufen :-).

Anette Göttlicher
Anette GöttlicherFotografin und Autorin

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