Voller Leidenschaft erzählt Christine von ihrem Beruf als Vereinbarkeitscoach und dem Wechsel vom Angestellten-Verhältnis in die Selbstständigkeit. Sie selbst schwört auf ein gutes Netzwerk, Sparringpartner und Freundes- und Bekanntenkreis, von denen sie profitieren und sich beraten lassen kann.

In diesem Interview geht es, wie im Christines Blog, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auf selbstbestimmter Art: “Weil es nicht darum geht, ob und wie wir Familie und Kinder unter einen Hut kriegen, sondern darum, dass Frauen, auch nachdem sie Kinder in die Welt gesetzt haben, ein Recht auf Selbstbestimmung haben und darauf, ihr Leben genau so zu leben und zu gestalten, wie sie es für richtig halten”.

Liebe Christine, vielen Dank für Deinen Input!

Stell Dich und Dein Business kurz vor.

Ich heiße Christine Winnacker, bin 36 Jahre alt, verheiratet und wohne mit meinem Mann und unseren zwei Kindern (3 und 4 ½ Jahre alt) im Herzen von München.

Beruflich unterstütze ich als Vereinbarkeitscoach berufstätige Frauen dabei, sich zwischen einem abwechslungsreichen Job und einem lebendigen Familienleben nicht selbst aus den Augen zu verlieren und eine gesunde Balance zu finden zwischen äußeren Anforderungen und individuellen persönlichen Bedürfnissen.

Um das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf geht es außerdem in meinen Seminaren, die ich gemeinsam mit dem Münchner Startup elterngarten anbiete.

Was hast Du vor der Kinderära beruflich gemacht?

Als Betriebswirtin war ich nach meinem Studium in ganz verschiedenen Unternehmen und Unternehmensbereichen angestellt. Zuletzt war ich als Personalberaterin bei einem Personaldienstleister tätig. Ein Job mit extremen Arbeitszeiten und 24-Stunden Rufbereitschaft. Wie viel Stress das für mich war, wurde mir allerdings erst mit einigen Monaten Abstand so richtig klar.

Nach unserer Hochzeit 2010 haben mein Mann und ich dann für 18 Monate in Kalifornien gelebt. Dort kam dann auch unser Sohn zur Welt. Der räumliche Abstand zu meinem vorherigen Job und meine neue Rolle als Mutter haben viele Veränderungen in meinem Leben angestoßen.

Wie hat die Mutterschaft Deine berufliche Situation verändert?

Mein alter Job bei einem Personaldienstleister wäre mit den üblichen Arbeitszeiten, dem Druck und Stress mit Kindern überhaupt nicht vereinbar gewesen. Mir war klar, dass ich niemals in diesen Beruf zurückkehren werde. In den 18 Monaten in den USA habe ich (wieder) gespürt, wie sich das Leben anfühlt, wenn man nicht von Arbeit und Verpflichtungen getrieben wird. Diese Zeit war die totale Entschleunigung für mich und ich habe es in vollen Zügen genossen! So war mir dann auch schnell klar: Ich brauche eine berufliche Perspektive, die mir Spaß macht und die mir viel Zeit für die Kinder und für mich selber lässt. Und mit dem Coaching habe ich nicht nur genau das gefunden, ich kann diese Erkenntnisse auch mit vielen tollen Frauen teilen und diese auf Ihrem Weg zu einem erfüllten Leben begleiten.

Wie bist Du auf die Businessidee gekommen?

Eigentlich bin ich weniger auf die Idee gekommen, sondern die Businessidee ist quasi zu mir gekommen 🙂 In unserer Zeit in den USA habe ich eine Ausbildung zum Personal- und Business-Coach begonnen. Zum einen, weil mich dieser Bereich schon immer interessiert hat und zum anderen, weil ich mir sicher war, dass seine solche Weiterbildung bei einem zukünftigen Job im Personalbereich sicherlich nicht schaden würde. Ich hatte bei Ausbildungsbeginn gar nicht den Plan, mich damit selbstständig zu machen.

Aber dann kamen die Kinder in unser Leben und meine Prioritäten haben sich deutlich verschoben. Selbstbestimmung wurde eine wichtige Messgröße für mich. Gestaltungsfreiheit war plötzlich sehr wichtig – und natürlich Flexibilität.

Dazu kam, dass das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Deutschland zwar ein viel diskutiertes Thema ist, es aber wenig Konsens darüber gibt, was diese Vereinbarkeit eigentlich ausmacht.

Die Politik sagt uns: “Wir sorgen für die Betreuung deines Kindes und Du gehst wieder zurück in deinen Job”. Gleichzeitig haben wir in unserer Gesellschaft die berühmten Rabenmutter-Diskussionen. Wie viel Fremdbetreuung ist also ok, wenn ich nicht als solche abgestempelt werden will? Das Vollzeit-Hausfrauen-Dasein ist zudem von einem negativen Image geprägt: Eine Hausfrau sei quasi faul, verweichlicht und “back in the fifties”. Diese medialen und gesellschaftlichen Stigmata sind mir ein Graus!

Für mich lag die Lösung darin, mir mein berufliches Wunschumfeld durch meinen Schritt in die Selbstständigkeit einfach selbst zu schaffen.

Und gleichzeitig freue ich mich über die Gelegenheit dadurch auch andere Frauen dabei begleiten zu können, zwischen all diesen “frau muss” und “frau sollte” ihren eigenen, für sie persönlich passenden Weg zu finden.

Bist du mit Deiner jetzigen Familien- und Berufssituation zufrieden?

Ja, ziemlich. Es ist noch nicht ganz perfekt, aber ich arbeite daran.

Das gehört zum Gestalten des eigenen Lebens ja auch dazu: Etwas Neues ausprobieren, spüren, ob es sich passend anfühlt oder es ansonsten noch einmal verändern zu können.

So geht es mir gerade. Was gut ist: Ich habe eine Arbeit, die mir Spaß macht, viel Zeit für meine Kinder und meine Familie und bin ziemlich flexibel.

Was nicht so gut ist: Ich stehe täglich vor der Herausforderung, ausreichend Zeit für meinen Job zu haben. Da die Kleine meist bei mir zuhause ist, sind die Zeitfenster, die ich zum Arbeiten zur Verfügung habe, sehr klein und in manchen Wochen rar gesät. Doch ab Herbst geht auch sie dann in den Kindergarten und ich freue mich darauf, wenn ich dann noch mehr Zeit und Energie in meine Seminare und Coachings stecken kann.

Wie sieht Dein Alltag aus?

So richtig Alltag gibt es eigentlich selten. Jedenfalls im Vergleich zu meinem geregelten Berufsleben “früher”. Da konnte ich manchmal vor lauter Alltag einen Dienstag nicht von einem Donnerstag unterscheiden, die Tage liefen immer gleich ab.

Das ist jetzt anders.

Mein neuer Lieblingstag in der Woche ist zum Beispiel der Montag! Ich genieße jede Woche dieses Gefühl von Neustart und neuem Schwung, das in einem Montag drin steckt.

Im Großen und Ganzen läuft der Alltag etwa so ab: Da ich ein Langschläfer bin, stehe ich um halb acht auf, dann sind mein Mann und meine Tochter in der Regel schon seit einer Stunde auf den Beinen. Den Sohn muss ich wecken, der hat mein Langschläfer-Gen geerbt. Dann herrscht für eine Stunde eine Art kreatives Chaos, bis wir um halb neun alle das Haus verlassen auf dem Weg zum Kindergarten.

An manchen Tagen geht dann auch meine Tochter in eine Spielgruppe. An diesen Vormittagen konzentriere ich mich voll und ganz auf meine Arbeit.  Da mir diese paar Stunden allerdings für mein Arbeitspensum nicht ausreichen, arbeite ich auch an etwa 2 Abenden der Woche und einen halben Tag am Wochenende.

Die Nachmittage verbringe ich mit den Kindern. Das bedeutet allerdings nicht immer auch „Kinderprogramm“, denn ich mute den Kids durchaus zu, auch mit mir den Wocheneinkauf zu erledigen oder mir bei der Hausarbeit zu helfen. Abends ab 20:00 habe ich meist “kinderfrei”, das genieße ich sehr. An manchen Abenden arbeite ich dann, gehe zur Chorprobe oder verbringe die Zeit mit meinem Mann oder einer Freundin.

Gibt es ein Erfolgsrezept? Hast Du Tipps für Mamis, die sich überlegen, selbstständig zu werden?

Ich fürchte, da bin ich ein schlechter Ratgeber. Ich arbeite zum ersten Mal selbstständig und mache ständig Fehler, die ich dann wieder ausbügeln muss. Aber ich habe im letzten halben Jahr viel gelernt und vor allem macht es mir wahnsinnig viel Spaß. Ich habe Freude an dem, was ich tue und bin mit Leidenschaft bei der Sache.

Als Rat würde ich mitgeben: Macht nicht den Fehler und fühlt Euch als Einzelkämpfer! Sucht Euch Sparringpartner und Ratgeber. Baut Euch ein Netzwerk auf. Man muss bei der Gründung das Rad nicht neu erfinden, es ist oft leichter und sehr viel zielführender, jemanden zu fragen, der schon an dem Punkt war, an dem man gerade ist.

Ich persönlich habe das Glück auf ein wunderbares Netzwerk an Unterstützern zurückgreifen zu können. Ich habe viel wertvolles Know-How in meinem Freundes- und Bekanntenkreis und in der Familie und greife zum Beispiel häufig auf die Expertise meiner Schwester zurück, die seit 10 Jahren erfolgreich selbstständig ist.

Was sind Deine beruflichen Pläne?

Wie schon gesagt, freue mich auf die Zeit, wenn ich noch größere Zeitfenster habe, um mich auf meinen Beruf zu konzentrieren. Ich habe so viele Ideen und Pläne, aber so wenig Zeit, um sie zu konkretisieren. Ein Luxus-Problem, denn so wird es nie langweilig! Außerdem stecke ich zur Zeit mitten in einer Weiterbildung und überlege und konzipiere bereits, wie ich dieses neu erlangte Wissen dann in meine Coachings und Seminare mit einbringen kann.

Christine Winnacker
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